Sternentänzer Bücher
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Sternentänzer Bücher

Hier stelle ich ein paar abgeschriebene Kapitel zu einigen Bücher rein. Vorerst nur zu Sternentänzer. Ich liebe es irgendetwas abzutippen.


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1. Glück auf Lindenhain

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11. Glück auf Lindenhain Empty 1. Glück auf Lindenhain Mo Mai 04, 2009 7:14 pm

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Achterbahn der Gefühle

In einer stürmischen Vollmondnacht schlägt ein Blitz i eine jahrhundertealte Eiche ein, und eine Sternschnuppe fällt vom Himmel. Im gleichen Moment wird ein wunderschöner Schimmel mit einem kleinen schwarzen Stern auf der Stirn geboren.


1. Glück auf Lindenhain

„Jippiiiieh! Schneller, Sternentänzer, lauf!“ Carolin juchzte vor Begeisterung, während sie auf dem Rücken ihres wunderschönen Araberhengstes über die Wiese nahe dem Reithof Lindenhain galoppierte. Sie hatte sich weit nach vorne gebeugt, sodass ihr die seidenweiche mondhelle Mähne des Pferdes ins Gesicht wehte. Ach, wie ist das herrlich! Endlich wieder so unbeschwert mit dir ausreiten zu können! So lange haben wir das nicht mehr gemacht, Sternentänzer!
Carolin Baumgarten, genannt Caro, gab ihrem Pferd das Kommando langsamer zu werden. Sternentänzer fiel zuerst in den Trab und wechselte schließlich in einen gemächlichen Schritt. Während Carolin sich aufrichtete, legte sie ihre Stirn in Falten und grübelte. Einen Monat lang, zwei Monate, drei … ? Ich weiß es nicht genau. Eigentlich nicht mehr, seit ich auf Mallorca war. Ja, genau! Seit ich sie gesehen habe. Diese Falak. Mit einer hastigen Bewegung fuhr sich Caro über ihr Gesicht – so, als könne sie damit die Erinnerung an Falak wegwischen. Eine wilde Stute, die Sternentänzers Mutter war.
„Huch, was ist das denn?“ rief sie plötzlich aus, als ein kleines, feuchtes und kaltes Etwas, das ganz sanft auf ihrer Nasenspitze Platz genommen hatte, sie aus ihren Gedanken riss. Schnee? Jetzt? Dafür ist es doch viel zu warm! Das kann nicht sein.
Doch als Caro aufschaute, merkte sie, dass es tatsächlich schneite. Dicke weiße Schneeflocken wirbelten wie Wattebällchen durch die Luft und fielen auf die Erde – doch sobald die Boten des Winters den Boden berührten, schmolzen sie dahin.
Carolin blinzelte kurz in den grauen wolkenverhangenen Himmel. Dann richtete sie ihre Augen wieder auf den wunderschönen weißen Araberhengst – und trotz des plötzlichen Wintereinbruchs und der Kälte durchströmte ein wohliges Glücksgefühl ihren Körper. „ Mein lieber, süßer Sternentänzer“, seufzte Carolin und hätte am liebsten die ganze Welt umarmt, so glücklich fühlte sie sich in diesen Augenblick. „Ich bin ja so froh, dass nun wieder alles gut ist!“

Sternentänzer schien den Schnee ebenso zu genießen: Immer wieder reckte er seinen eleganten mondhellen Kopf den Flocken entgegen.
„Mein braver,lieber Sternentänzer“, wiederholte Carolin und leckte mit der Zunge eine vorwitzige Schneeflocke weg, die auf ihren Lippen gelandet war. Endlich konnte sie sich wieder unbeschwert an ihrem prächtigen Schimmel erfreuen. Vorbei war die große Angst, ihr geliebtes Pferd könnte böse und aggressiv werden. Inzwischen wusste Carolin, dass Sternentänzer nicht von sich aus böse wurde, sondern nur, wenn er mit bösen oder schlechten Menschen zu tun hatte. Oder wenn sie ihm nicht mehr vertraute. Es hatte lange gedauert, bis sie das herausgefunden hatte – und seither fühlte sie sich endlos erleichtert.
Alles hatte mit einem Besuch bei ihrem Vater, der auf Mallorca lebte, angefangen. Dort hatte sie Falak, Sternentänzers Mutter, entdeckt. Ganz im Gegensatz zu ihrem Sohn hatte sich diese Stute als sehr wild und böse entpuppt, und ihr Besitzer, ein alter Mann namens Carlos Gracia, hatte zudem behauptet, dass Falak erst so böse geworden sei, nachdem sie Sternentänzer geboren hatte. Carlos Gracia vermutete daher, dass auch Sternentänzer etwas Böses an sich haben müsse. Lange zeit hatte Caro um ihren Hengst gebangt. Ihn genau beobachtet … und schließlich war das eingetreten, wovor sie sich gefürchtet hatte. Sternentänzer hat sich mehrmals aggressiv verhalten. Das war echt schlimm, Sternentänzer! Ich war völlig verzweifelt und hatte keine Ahnung, warum du dich so aufgeführt hast!
Nur mit Schaudern erinnerte sich Carolin an die schreckliche Zeit, in der tiefe Sorgen sie geplagt hatten. Die ständig Angst, dass Sternentänzer vielleicht genauso würde wie seine Mutter Falak. Und dass sie ihn eines Tages vielleicht sogar weggeben müsse. Doch zum Glück hat Ami dann das Rätsel gelöst und ihr den Grund für Sternentänzers seltsames Verhalten genannt. Ami war eine hexe und Heilerin und die Großmutter ihrer besten Freundin Lina. Die weise alte Frau hatte Carolin schließlich erklärt, dass sie ihrem Pferd einfach vertrauen müsse. Dann würde alles gut werden – und so war es auch!
Überglücklich ließ Carolin kurz die Zügel los, breitete ihre Arme aus und reckte ihr Gesicht den Schneeflocken entgegen. Dabei stieß sie einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Ich werde meinem Sternentänzer künftig immer vertrauen. Ganz bestimmt! Und mit bösen Menschen hat er ja auch nichts zu tun!
Carolin nahm die Zügel wieder auf und dirigierte ihr Pferd quer über den Hof von Lindenhain. Kurz vor dem Eingang vom Stall glitt sie aus dem Sattel und führte Sternentänzer in die Box.
Während sie den Hengst absattelte und putzte, schweiften ihre Gedanken ganz automatisch wieder um die letzten Monate. „Mann, Sternentänzer, wie sehr hab ich dich damals vermisst!“, murmelte sie und schmiegte sich dabei ganz fest an den Hals des geliebten Pferdes. „Ich weiß gar nicht, wie ich es überhaupt ohne dich aushalten konnte.“ Obwohl die Zeit damals für Carolin unheimlich schwierig gewesen war, sie die vertrauten Stunden mit ihrem Pferd ganz arg vermisst hatte, so wurde ihr doch erst im Nachhinein so richtig bewusst, wie sehr sie eigentlich gelitten hatte. Aber nur war zum Glück alles vorbei.
„Vorbei!“, schrie sie lauthals und schnaufte tief.
„Ey, alles klar bei dir?“, hörte sie ihre beste Freundin Lina Schniggenfittich. Das Naturmädchen mit leuchtend grünen Augen trug wie immer mehrere geblümte Röcke übereinander, eine bunte Bluse und dazu dicke Schnürstiefel. Ihre rote Haarmähne hatte sie locker zu einem Pferdeschwanz gebunden.
„Es war noch nie klarer.“Carolins Lächeln vertiefte sich. „Ich bin so wahnsinnig froh, dass der ganze Spuk endlich vorüber ist.“
Lina lehnt sich gegen die Boxentür. „Und ich bin so froh, dass ich meine Freundin zurückhab. In der letzten zeit warst du echt drauf wie ein Zombie.“
„Stimmt“, nickte Carolin. „Genauso hab ich mich auch gefühlt. Die Sorge um Sternentänzer hat mich fast wahnsinnig gemacht!“
„Aber zum Glück bist du ja nun wieder die Alte!“
„Ja, das bin ich“, strahlte Carolin und strich zärtlich über das weich Fell ihres Pferdes.
Wie zur Bestätigung stieß Sternentänzer ein leises Schnauben aus, hob den Kopf und schnupperte sanft über Carolins Gesicht. Seine Tasthaare berührten ihre Wangen.
„Puh, das kitzelt!“, kicherte Carolin und wich einen Schritt zurück.
Lina trat auf die Boxengasse. „Ach übrigens, Thorben hat erzählt, dass dein Vater und seine neue Freundin euch demnächst besuchen werden. Wie kommt dass denn so plötzlich?“
Thorben Sander war Linas Freund und Carolins Stiefbruder. Sein Vater, der Tierarzt Doktor Sander, und Carolins Mutter hatten vor Kurzem geheiratet.
Carolin nickte. „Meine Schuld. Mam ist es natürlich nicht entgangen dass ich seit Mallorca megaschlecht drauf war. Sie dachte, meine miese Stimmung würde mit Paps zusammenhängen. Deswegen hat sie ihn ziemlich spontan angerufen und eingeladen.“ Carolin schmunzelte. „Schätze inzwischen bereut sie das schon, aber sie kann ihn ja schlecht wieder ausladen. Steht allerdings noch nicht ganz fest, ob´s auch klappt.“
Lina rollte ihre schönen grünen Augen. „Da stehen dir ja möglicherweise ein paar turbulente Tage ins Haus.“
Carolins grinsen wurde noch breiter. „ich fänd´s klasse. Ich würde sie schon gerne wiedersehen. Paps und auch seine neue Freundin Carmela.“
„Wie ist diese Carmela denn so?“, erkundigte sich Lina.
„Kaum älter als wir, echt hübsch und voll cool.“, antwortete Carolin. „ich hab mich richtig mit ihr angefreundet, als ich auf Mallorca war.“
„Und wie findet deine Mutter sie?“
Carolin zog eine Grimasse. „Mam hat keine Ahnung – weder wie sie Aussieht noch wie alt sie ist. Bin echt mal gespannt, wie sie darauf reagiert.“
Zum Abschied drückte Carolin ihrem Pferd ein Kuss auf die Nüstern, dann schlossen die Mädchen die Boxentüren und gingen auf den Hof.
Lina warf eine Haarsträhne zurück die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelockert hatte und der Wind ihr nun ins Gesicht bließ. „Da wird deine Mutter schon ziemlich überrascht sein.“
„Wenn sie tatsächlich kommen! Paps weiß nämlich noch nicht genau ob er das arbeitsmäßig hinkriegt.“ Carolin machte eine schnelle ausholende Handbewegung und versuchte, eine Schneeflocke zu erhaschen.
„Nee, so geht das nicht!“ Lina streckte ihre flache Hand aus, und die Schneeflocke landete darauf. „Schneeflocken sind wie federn oder wie das Glück. Sobald man versucht, danach zu jagen, verschwinden sie. Wenn du aber geduldig deine Hand hinhälst kommen sie von alleine.“
„Klingt nach ein Ami-Spruch.“, sagte Carolin und grinste.
„ist es auch!“, gab Lina zu. „gestern gelernt.“ Lina sollte eines Tages die Nachfolgerin ihrer Großmutter werden und nahm daher schon eine ganze weile Unterricht bei ihr. Mit wechselndem Erfolg. Mal lief es gut, mal weniger gut. Momentan lief es sehr schlecht. Lina wandte sich zu Carolin. „Sag mal, hast du mich gestern angerufen?“, fragte sie ganz unvermittelt.
Carolin schüttelte den Kopf. „Nee, ganz bestimmt nicht! Wenn ich dich anrufe will ich auch mit dir sprechen. Warum also sollte ich auflegen?!“
„Komisch!“ Lina zögerte einen Moment und holte tief Luft. „vorgestern kam auch schon so ein dämlicher Anruf. Wenn ich rangehe meldet sich niemand. Aber man hört, dass jemand dran ist und nach einer Weile wird aufgelegt.“
„Wahrscheinlich hat sich jemand einfach nur verwählt.“, vermutete Carolin ohne Lina´s Worte allzu große Bedeutung beizumessen.
„Wahrscheinlich.“, antwortete Lina und versuchte das kleine Grummeln zu ignorieren, das sich in ihrem Bauch warnend ausbreitete.
Wenig später machen sich die beiden Mädchen auf den Heimweg.

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21. Glück auf Lindenhain Empty 2. Gute Neuigkeiten Mo Mai 04, 2009 7:14 pm

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2. Gute Neuigkeiten

Als Carolin nach Hause kam, war im Ahornweg 16 alles dunkel. Keiner da? … Auch gut! Carolin lief in die Küche und holte sich ein Pfirsichsaft aus dem Kühlschrank. Sie goss sich ein Glas voll, schlenderte ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Grade als sie es sich auf der Couch gemütlich machen wollte hörte sie ein Geräusch, das von der Terrasse kam. Carolin schreckte zusammen. Einbrecher?
Die Tür öffnete sich, und ihre Mutter trat ein. „Ach, Caro, bist du schon da? Ich hab dich gar nicht gehört“, murmelte sie etwas geistesabwesend.
Was heißt schon da, Mam? Draußen ist es stockfinster! Carolin betrachtete ihre Mutter. Sie sieht komisch aus! dachte sie.
Seit Kurzem hatte Ines eine neue Frisur. Sie hatte sich ihre Haare verlängern lassen. Nun stand ihre angeschweißte Haarpracht in alle Richtung, und ihre Augen schimmerten verräterisch. In der Hand hielt sie ein Stück Papier. Es sah aus wie ein Brief. Ihre Hände zitterten ein wenig.
„Ist was passiert, Mam?“, fragte Carolin alarmiert. Ines schloss die Tür hinter sich. „Paul hat geschrieben.“ Aha! Paps. Meistens, oder eigentlich, fast immer, wenn Ines schräg drauf war, hatte es mit Paul Baumgarten zu tun. Inzwischen waren ihre Eltern lange geschieden aber Ines hatte ihrem Ex-man wohl nie so richtig verzeihen, dass er sie damals mit seiner rothaarigen Sekretärin betrogen und dann sitzen gelassen hatte. Schon merkwürdig! überlegte Carolin.
Obwohl inzwischen schon ewig viele Jahre vergangen sind und Mam glücklich verheiratet ist, schafft es Paps immer noch, sie aus der Fassung zu bringen. „Ja, und?“
Ines setzte sich zu Carolin auf das Sofa. „Er kommt.“, sagte sie dann mit einem abgrundtiefen Seufzer.
„Echt?“
Ines nickte. „Seine neue Freundin kommt auch mit.“
„Juhu, cool!“, kreischte Carolin. „Das wird super!“
„Na ja … !“
„Doch!“
„Wie ist sie denn so?“, wollte Ines wissen.
„Wer denn?“, fragte Carolin scheinheilig nach, obwohl sie ganz genau wusste von wem ihre Mutter sprach.
„Diese Carmela.“
„Öhm … ich weiß nicht … “
„Aber du kennst sie doch.“, bohrte Ines weiter.
„Schon, aber … na ja, sie ist … sie ist ganz normal eben.“
„Sie ist Spanierin, oder?“
Carolin nickte.
Ab einem gewissen Alter neigen sie Südländerinnen ja zur Fülle“, meinte Ines.
Caro zuckte nur mit den Schultern. Carmela hatte eine traumhafte Figur. Und das gewisse Alter, das ihre Mutter vermutete, hatte sie noch lange nicht erreicht. „Du lernst sie ja bald selbst kennen“, erklärte Carolin schließlich.
Liebevoll strich Ines ihrer Tochter über den Kopf. „Erst kürzlich haben dein Vater und ich vor Gericht noch über das Sorgerecht für dich gestritten. Und jetzt treffen wir uns alle. Das Leben ist schon komisch.“ Sie faltete den Brief zusammen und steckte ihn in die Tasche ihres hellgrünen Ballonkleids. Angeblich der letzte Schrei. Doch Carolin fand es einfach nur entsetzlich. „Was essen denn die Spanier so?“
Carolin rollte die Augen. „Was weiß denn ich? Ich glaube nicht, dass Paps und Carmela wegen eines Braten oder so anreisen.“
„Braten, genau!“, nickte Ines entschlossen. „Das ist eine gute Idee. Ich werde den besten, knusprigsten Braten aller zeit zubereiten. Einen Braten, von dem sie in Spanien nur träumen können.“
Na toll! Auf das Gespräch mit Ines hab ich jetzt echt keine Lust. Carolin stand auf und ging zur Tür.
Ines blickte ihr nach. „Wo willst du denn hin, Kind? Ich dachte, du wolltest fernsehen?“
Wollte ich auch. „Eigentlich bin ich schon ziemlich müde, Mam. Ich geh ins Bett.“
„Schlaf gut! Ach, Caro … sag mal, hast du nicht zufällig ein Foto von dieser Carmela? Ich wüsste zu gerne, wie sie aussieht!“
„Nee, hab ich nicht. Aber sie kommt doch bald und dann siehst du sie“, erwiderte Carolin. Mann, Mam, du nervst mit deinen Fragen. Ich werd dir nichts über Carmela verraten! Und ohne eine Antwort abzuwarten, lief Carolin nach oben in ihr Zimmer.
Da sie entgegen ihrer Aussage aber überhaupt noch nicht müde war und ins Bett wollte, setzte sie sich an den Computer und klickte ihr Mailprogramm auf. Sie hatte Post!
Die kann nur von Annit sein! Aus Syrien! Echt toll, wo die überall rumkommt! Obwohl … in Syrien ist sie eigentlich meinetwegen. Weil ich diese blöde Vision hatte. Weil ich sie auf Silberstern reitend in einem arabischen Land mitten in der Wüste gesehen hab und wir dann beschlossen haben, dass sie dort hinreisen muss. In das Land, aus dem die vorfahren unserer Pferde stammen. Neugierig öffnete Carolin die Mail.
„Liebe Caro, ich hab so viele Neuigkeiten, dass ich gar nicht mehr weiß, wo ich anfangen soll. Zuerst das Wichtigste: Heute Nacht hab ich diesen schrecklichen Flammentraum besiegt …“
Ach ja, Silberstern hat Annit lange diesen merkwürdigen Traum geschickt. Carolin erinnerte sich. Und auch an den Tag, an dem sie zum ersten Mal von Silbersterns magischer Gabe erfahren hatte. Genau wie sein Vater war auch er ein magisches Pferd. Doch während Carolin in die Zukunft blicken konnte, wenn sie bei Vollmond auf Sternentänzer ausritt, hatte Silberstern andere magische Fähigkeiten. Er konnte Gefahren erahnen und warte seine Besitzerin in Träumen davor. Meist waren es Albträume, die auch ab und an Rätsel aufgaben. Arme Annit! Es muss schrecklich sein, solche träume zu haben.
Carolin riss sich aus ihren Gedanken und las weiter. Ihre Freundin erzählte davon, wie wohl sie sich in Syrien bei deinem Beduinenstamm inzwischen fühlte. Und zudem hatte sie herausgefunden, dass Sternentänzer einen Vater hatte, der Sahir hieß und genauso wie Silberstern aussah. Schwarz, mit einem kleinen weißen Keilstern auf der Stirn.
Doch der wichtigste Absatz von Annits Mail war der letzte: „ … So funktioniert das nämlich. Magische Pferde werden nur aggressiv und böse, wenn sie von ihrem Besitzer enttäuscht werden. Niemals von sich aus. Deswegen ist Falak auf Mallorca auch so ausgerastet. Der alte Mann dort konnte absolut nichts dafür! Es war der Stammesfürst der Beduinen hier, der sie schwer enttäuschte, weil er das Versprechen, sie eines Tages zurückzuholen, nicht eingelöst hat.“
Carolin las die Mail zu Ende, und ihr Herz machte einen kleinen Sprung. Dass magische Pferde nur böse wurden, wenn sie mit bösen Menschen zu tun hatten oder enttäuscht wurden, wusste Carolin ja schon. Aber es nun nochmals so deutlich schwarz auf weiß zu lesen, beruhigte sie unheimlich. Jetzt kann ich ganz sicher sein. Mein Sternentänzer wird nicht böse werden …
Manno, Annit! Carolin seufzte und schloss die Augen. Auf einmal sah sie die Freundin vor sich. Mit ihren langen schwarzen Locken und den außergewöhnlich klaren, strahlend blauen Augen. Wie sie auf Silberstern, Sternentänzers Sohn, über die Wiese galoppierte. Eines Tages vor langer Zeit war das Mädchen in Lilienthal aufgetaucht. In zerschlissenen Jeans, die bis zum Knöchel reichten, Flipflops und einem Rucksack. Da sie ausgezeichnet reiten und voltigieren konnte, hatte Linas Onkel Rocco sie für seinen Zirkus engagiert. Dort trat sie mit Silberstern in einer Voltigiernummer auf. Mit Amis Hilfe hatten sie dann herausgefunden, dass Annit die Auserwählte war, der Silberstern seine magische Gabe offenbarte. Ihr teilte er sich über Träume mit und warnte sie so vor gefahren. Von Lilienthal war die Zirkustruppe dann nach Polen gereist. Dort hatte Annit Silberstern von Onkel Rocco gekauft – denn es war klar, dass die beiden zusammengehörten. Sie hatten eine ähnlich enge Verbindung wie Carolin und Sternentänzer. Schließlich war Annit mit ihrem Pferd weiter nach Rumänien, Griechenland und in die Türkei gezogen. Inzwischen hielt sie sich bei einem Beduinenstamm mitten in der Wüste Syriens auf, um dort nach dem Geheimnis ihrer magischen Pferde zu suchen und um herauszubringen ob sie eine böse Seite hatten. Denn es war klar, dass sie die Antwort auf ihre vielen fragen in der Vergangenheit ihrer Pferde suchen mussten.

Carolin drückte auf Antworten. „Annit, mir stehen die Haare zu berge, das sind ja Hammernews! Bin ich happy! Ich musste neulich einem Mädchen Reitunterricht geben. Sie war eigentlich sehr nett, Sternentänzer aber hat sich ihr gegenüber total aggressiv aufgeführt. Ich war schon voll am Verzweifeln. Aber mit Amis Hilfe haben wir dann herausgefunden, dass er nur so aggressiv reagiert hat, weil ich ihm nicht vertraut habe. Weil ich an ihm gezweifelt hab. Weißt du, was ich dann gemacht hab? Ich hab ein Tagebuch geschrieben. Abgefahren, oder? Mit meinen schönsten Erlebnissen mit Sternentänzer. Von da an hab ich mich ihm wieder ganz nahe gefühlt. Sag mal, was hast du jetzt eigentlich vor? Kommst du zurück nach Deutschland? Sehen wir uns bald wieder? Das wäre sooooooo schön! Grüße Caro.“
Schließen und weg! Carolin wartete noch eine Weile auf die Antwort, doch offenbar saß Annit schon nicht mehr vor dem Computer. Der Gedanke, dass sie Silberstern und Annit bald wiedersehen könnte, ließ Carolins Herz einen kleinen Satz machen. Ihr Blick fiel auf das Bild von Sternentänzer in dem silbernen Rahmen vor sich. Sahir heißt also dein Vater. Ein geheimnisvoller Name. Ein wilder pechschwarzer Hengst, genauso schön wie du. Ob er auch eine magische Gabe besitzt – so wie du? Wo ist er jetzt?
Carolin fuhr mit dem Finger sanft über Sternentänzers Bild. „Wenn Annit nun zurückkommt, werden wir das nie erfahren, Sternentänzer.“ Sie seufzte. „Aber was macht das schon, das Wichtigste ist, dass du nicht böse wirst. Alles andere ist nicht so wichtig.“
Doch da sollte sie sich täuschen.
[b]

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31. Glück auf Lindenhain Empty 3. Stress, Stress, Stress Mo Mai 04, 2009 7:16 pm

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3. Stress, Stress, Stress

„Good morning, my friends!“ Schwungvoll wie immer betrat ihre Englischlehrerin Miss Somerset das Klassenzimmer und stellte ihre gemusterte Designertasche auf den Tisch.
„Hast du die Hausi gecheckt?“, raunte Lina Carolin zu, die neben ihr saß.
„Geht so.“, flüsterte Carolin zurück. Sie war in Englisch zwar nicht grade eine Leuchte. Aber es war wenigstens nicht ganz so kompliziert wie Mathe für sie.
„Wie ihr ja wisst, werden wir demnächst eine Klassenarbeit schreiben.“, begann Miss Somerset sogleich und schob eine Strähne ihrer aschblonden kurzen Harren aus der Stirn. „Aber das ist noch nicht alles …“ Sie ließ ihren Blick über die Schüler schweifen. „Es gibt da noch ein weiteres wichtiges Projekt.“
„Noch eines?“, murmelte Lina unwillig. „ich bin schon total froh, wenn ich diese dämliche Klassenarbeit auf die Reihe kriege!“
„Eure Klasse wird das Vergnügen haben, für die Ausrichtung des diesjährigen Schulballs zuständig zu sein. Wie ihr wisst ist es Tradition, das die Mittelklasse diese Veranstaltung jewals ausrichten. Eure Eltern wurden darüber auf dem letzten Elternabend ja bereite informiert.“ Miss Somerset schaute ihre Schüler aufmerksam an.
„Und was genau heißt das?“, wollte Matthias schließlich wissen.
„Das bedeutet vor allem eine menge Arbeit, my friends.“, erklärte Miss Somerset. „Damit ihr lernt wie sowas geht seid ihr für die gesamte Vorbereitung und Abwicklung des Abend verantwortlich. Das heißt, ihr müsst die Getränke und das Essen organisieren. Ihr werdet auch ein kleines Theaterstück einstudieren, und anschließen gibt’s Musik und Tanz.“ Sie machte eine kleine Pause. „Zusammen mit euren Deutsch – und Mathelehrern werde ich euch bei der Organisation unterstützen. Aber mehr dazu in der nächsten Stunde. Nun schlagt bitte das Englischbuch auf Seite 40 auf. Caro, please! Beginnst du mit vorlesen.“
In der zweiten Stunde war Mathe bei Dr. Hutmacher angesagt. Der ältere Herr trug einen seiner üblichen braunen Anzüge und hatte wie immer seine paar spärlichen dunkelgrauen Haarsträhnen fein säuberlich von rechts nach links gekämmt, um seine Glatze zu verdecken. Er begann sofort damit, den Schülern voller Begeisterung seine Mathe-Pläne für den Schulball zu erklären.
Berechnen, wie viele Getränke es einzukaufen galt. Wie viele Brötchen zu schmieren waren und welche Menge an Belag sie dazu benötigen. Und natürlich was das alles kosten würde und ob die einnahmen dafür reichten seine Augen funkelten hinter seiner kleinen Brille mit dem Goldrand. „Da kommt zwar einiges an Arbeit auf euch zu. Aber ich bin mir sicher, es wird euch viel Spaß machen“, schwärmte er und schrieb eifrig Zahlen an die Tafel.
Deutschlehrerin Frau Herbert verkündigte von einem Theaterstück, das sie als Höhepunkt der Feier einstudieren sollen. Voller Vorfreude rieb sie sichdie Hände, während sie in der Klasse auf und abstolzierte. „Gleich ab der nästen Woche werden wir mit den Probenstarten. Dazu versammeln wir uns nachmittags in der großen Aula. Heute geht auch ein Brief an alle Eltern raus, in dem sie nochmals offiziell über den bevorstehenden Schulball und die damit für euch verbundenen Vorbereitungen informiert werden. Auf den Elternabend hatten wir ihnen das ja bereits mitgeteilt.“
„Pah, ich kann nach der Schule nicht“, raunte Carolin Lina zu.Ich muss nach Lindenhain, ich hab Reitstunden.“ „Seit Vicky, die Lebensgefährtin von Lindenhainbesitzer Gunnar, schwanger war und sich von den Tieren weitestgehend fernhielt, hatte Carolin die Reitstunden auf dem Hof übernommen.
„Carolin, darf ich bitten!“ Frau Herbert warf ihr einen mahnenden Blick zu.
„Schätze, das kannst du vergessen“, tuschelte Lina zurück, als sich Frau Herbert wieder Richtung Tafel gedreht hatte.
„Blöd!“ Carolin kaute auf ihrer Unterlippe- wie immer, wenn sie nervös war oder nicht mehr weiterwusste. „Wer soll die Stunden denn sonst übernehmen? Gunnar kann nicht, Jan kann nicht mal reiten und Ferdi …“ Lina zuckte die Schulter. „Du musst Gunnar eben Bescheid geben, damit er die Stunden verschiebt oder Ersatz für dich sucht.“ „So, dann wollen wir gleich mal die Rollen für dieses wunderbare Stück verteilen, das ich für euch ausgesucht habe.“, fuhr Frau Herbert fort.
Die Besprechung über das Stück zog sich die ganze Stunde hin. Carolin wurde zwar nur als Ersatz für eine Nebenrolle eingeteilt. Doch Frau Herbert machte unmissverständlich deutlich, dass sie von allen erwartet, bei jeder Probe aufzutauchen – und sei die Rolle auch noch so klein.
„Mist! Das wird echt stressig.“, schimpfte Carolin, als sie sich nach der Schule auf ihr Fahrrad schwang und nach Lindenhain radelte. Ihr war klar, dass sie die Reitstunden ab nächster Woche reduzieren musste. Ich muss Gunnar gleich heute informieren, dass er die meisten Stunden aufs Wochenende legt, überlegte sie.

Als Carolin am späten Nachmittag von Lindenhain nach Hause kam, lehnte Ines in der Küchentür. Sie hielt ein Spanisch-Wörterbuch in der Hand.
„Hallo, Mam!“ Geschwind schlüpfte Carolin aus ihrer Jacke und eilte nach oben. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und holte ihr Mathebuch aus ihrer Schultasche. Dr. Hutmacher hatte ihnen heute richtig viel Hausaufgaben aufgegeben. Carolin schlug ihr Heft auf und versuchte, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren.
„Du, sag mal ...“ Die Tür ging auf und Ines stand im Zimmer. Genervt drehte sich Carolin zu ihrer Mutter um. Erstens stören und zweitens ohne anzuklopfen!
„Spricht diese Carlita eigentlich nur Spanisch?“
Carolin rollte mit den Augen: „Carmela, Mam! Sie heißt Carmela, das hab ich dir schon x-mal erklärt. Und dass sie ganz gut Deutsch spricht, hab ich dir auch schon gesagt.“
„Schon gut! Kein Grund, so patzig zu werden!“ Ines wedelte mit ihrem Spanisch-Wörterbuch. „Ich dachte mir, ich lerne ein bisschen Spanisch, dann kann sie sich in ihrer Muttersprache unterhalten.“
Spanisch in ein paar Tagen, das wird eine tolle Unterhaltung, stöhnte Carolin in Gedanken. „Wenn du meinst.“, erwiderte sie laut und widmete sich dann wieder ihren Hausaufgaben.
Ines lehnte sich gegen den Türrahmen. „ich hab mir bei Florentine ein Kleid im spanischen Stil bestellt. Du weißt schon, so in diesem Flamenco-Stil, was die Spanierinnen so tragen. Oder trägt diese Carmela Kostüme?“
Oh Mann, Mam! Carmela ist nicht viel älter als ich und trägt Jeans, T-Shirt und ganz normale Pullis, dachte Carolin „Ähm … Mam … Carmela ist ganz normal angezogen.“
„Was heißt ganz normal?“
Carolin zuckte die Achsel. „Wie halt so junge Leute angezogen sind!“
Ines horchte auf. „Junge Leute … ?“, wiederholte sie lauernd. „Wie jung ist sie denn?“
Sie ist einundzwanzig, Mam! „Na ja, halt nicht ganz so alt, stammelte Carolin.
„Nicht so alt wie ich, meinst du?“, hakte Ines nach.
„Ein bisschen jünger ist sie schon.“
„Und wie … ?“
„Mam!“, unterbrach Carolin sie. „Du lernst sie doch bald kennen! Ich muss noch so viele Hausi machen ...“
„Selbst Schuld.“, fiel Ines ihr ins Wort. „Wenn du dich so lange bei deinen komischen Pferden rumtreibst!“
„Das ist eh bald vorbei.“, schnaubte Carolin. „Wegen dieses dämlichen Theaterstückes müssen wir ab nächster Woche nachmittags an der Schule antanzen.“
„Was für ein Theaterstück?“
„Na, für den Schulball, den meine Klasse in diesem Jahr ausrichten soll.“, antwortete Carolin.
„Ah stimmt! Ich erinnere mich.“, sagte Ines. „über den Schulball wurden wir ja auf dem Elternabend bereits kurz informiert.“
Carolin nickte. „Genau. Und dazu gehört auch, dass wir ein Theaterstück aufführen sollen. Und das bedeutet natürlich jede Menge Arbeit und ab nächster Woche Probe. Die Schule schickt dazu auch noch einen ausführlichen Brief an alle Eltern.“ Sie schnaufte tief durch.
„Einen Schulball mit einem Theaterstück, aber das ist doch klasse! Na, dann stör ich dich nicht länger.“ Ines zwinkerte Carolin zu und schloss die Tür hinter sich.
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Es war ein herrlicher, wolkenloser Tag. Windstill, der Himmel tiefblau, nur durchzogen von zwei weißen Kondensstreifen eines Flugzeuges. Perfekt, um auszureiten.
Carolin saß auf ihrem Platz im Klassenzimmer und blickte sehnsüchtig nach draußen. Das ideale Wetter, um mit Sternentänzer über die Felder zu jagen. Mal schauen, vielleicht klappt´s ja heute Nachmittag. Die können uns ja nicht jeden Tag solche Mengen von Hausaufgaben aufbrummen wie die letzte Zeit über.
„Hi, Caro!“ Lina ließ sich neben sie auf den Stuhl fallen und riss die Freundin und ihren Gedanken. „Du hast gestern nicht bei mir angerufen?“
„Nee.“ Carolin schüttelte den Kopf. „Selbst wenn ich gewollt hätte, ich hatte kaum Zeit, was zu essen. Das war Megastress gestern.“
„langsam nervt es echt!“, murmelte Lina vor sich hin. „Viermal gestern. Und immer wenn ich ran bin, wurde aufgelegt.“
Carolin ließ ihren Blick wieder aus dem Fenster schweifen und wünschte sich auf Sternentänzers Rücken. „Da hat sich bestimmt jemand verwählt.“
„So oft?“
„Vielleicht waren es ja mehrere Anrufer.“, meinte Carolin geistesabwesend.
„Ja klar! Und alle, die sich verwählen, landen neuerdings bei mir, oder was?“, fragte sie aufgebracht. Ihre grünen Augen funkelten. „Hm ...“, machte Carolin, die gar nicht richtig zuhörte.
„Und das hier?“ Lina zog ein etwas zerknülltes, auf der Seite gelochtes Stück Papier aus ihrer Rocktasche und wedelte damit so dicht vor Carolins Nase, dass die Freundin gar nicht anders konnte, als es zu bemerken.
„Was ist das?“
„Lies!“, forderte Lina Carolin empört auf.
Unwillig wandte Carolin ihren Blick auf dem Papier zu. Las. Dann stutzte sie. „Hä? Was soll das denn?“
„Ganz schön bescheuert, oder!“ Lina fischte nach einer Haarsträhne und ringelte sie um ihren Finger.
„Voll bescheuert!“, stimmte Carolin zu und betrachtete das Papier genauer. „Du bist so was von hässlich!“, stand in großen roten Druckbuchstaben auf dem weißen, zerknitterten Blatt. „Wo hast du das her?“
„Kam gestern mit der Post“, erklärte Lina, ohne ihre Haarsträhne loszulassen.
„Von wem?“
„Ohne Absender natürlich.“
„Da will dich jemand ärgern.“, vermutete Carolin. „Wirf´s einfach weg!“
Lina bückte sich und fischte ein weiteres Blatt aus ihrer Schultasche. „Hier, das kam vorgestern.“
„Keiner kann dich leiden!“, stand mit großen schwarzen Lettern darauf.
Carolin knüllte das Blatt zusammen und feuerte es in den Papierkorb. Dann legte sie den Arm um Lina. „Ich kann dich leiden.“,sagte sie grinsend.
Lina legte den Kopf gegen Carolins Schulter und seufzte theatralisch. „Dann ist ja alles gut!“
Carolin drehte den Kopf so, dass sie Lina anschauen konnte. „Hm, und wirklich so hässlich finde ich dich auch nicht.“
Lina lächelte etwas gezwungen. „Vielen herzlichen Dank!“ Sie zerknüllte nun den zweiten Brief und schleuderte ihn ebenfalls in den Papierkorb.
„Guten Morgen!“ In diesem Augenblick betrat Gernot Ferldbusch das Klassenzimmer. Herr Feldbusch war ihr neuer Erdkundelehrer, und die meisten Schüler fanden ihn ziemlich sympathisch. Er war groß, hager und hatte dunkelblonde strähnige Haare, die immer wieder in sein Gesicht fielen. Zudem offenbarte er eine Vorliebe für hautenge Shirts, die seinen beträchtlichen Bauch umspannten. Von der Seite sah er aus, als wäre er schwanger. Darüber hinaus schien er ziemlich leicht ins schwitzen zu kommen, was dann deutlich sichtbare Spuren unter seinen Achseln hinterließ. Er ließ seinen Blick durch das Klassenzimmer wandern. „wir befassen uns heute mit der Verschiebung der Erdplatten. Ich rate euch, gut aufzupassen. Denn über dieses Thema werden wir übernächste Woche unsere Klassenarbeit schreiben.“
Durch die Klasse ging ein entsetztes Raunen.
„Oh nee!“, meldet sich Matthias. „Können wir das nicht nach dem Schulball machen?“
Herr Feldbusch sah ihn so verständnislos an, als sei er ein grünes Marsmännchen. „Was bitte geht mich euer Schulball an? Ich muss meinen Stoff durchziehen und fertig.“ Er griff in seine schwarze Tasche aus Hochglanzleder und zog einen gigantischen Stapel Papier heraus. „Ich werde nun ein paar Kopien an euch verteilen. Was darauf steht, solltet ihr euch einprägen.“ Damit knallte er auf jeden Schreibtisch zwei Papierstapel mit jeweils mindestens dreißig Seiten.
Entsetzt blätterte Carolin durch den Stapel. „Ey, das ist ja Tierquälerei! So viel Stoff! Wann bitte soll ich das alles lernen?“
„Der tickt echt nicht mehr richtig.“, pflichtete Lina ihr aufgebracht bei.
„Ruhe bitte!“, rief Herr Feldbusch energisch.
„könnten wir uns nicht auf die Hälfte einigen?“, meldete sich Matthias. „Wir haben echt schon so viel zu tun und ...“
„Wie befinden uns hier nicht auf einem türkischen Bazar.“, unterbrach ihn Herr Feldbusch mit scharfer Stimme. „ich werde ganz bestimmt nicht mit dir feilschen, und damit ist die Diskussion beendet.“ Mit einem dicken Schweißfleck unter dem Arm wandte er sich der Tafel zu.

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41. Glück auf Lindenhain Empty 4. Wer schreibt die Briefe? Do Mai 07, 2009 4:50 pm

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4. Wer schreibt die Briefe?

Nach der Schule fuhr Lina ganz langsam nach Hause. Sie trat die Pedale ihres alten Fahrrads beinahe in Zeitlupe Grade so, dass sie nicht umkippte. Sie hatte zwar vor Caro so getan, als würde ihr diese Attacken nicht allzu viel ausmachen, aber das stimmte nicht. Immer wieder sah sie die Wörter in großen Druckbuchstaben vor sich. „Du bist hässlich!“ und „Keiner kann dich leiden!“
Lina schluckte. In ihrem Hals steckte ein Kloß so dick wie eine Kröte. Klar wusste sie, dass sie nicht hässlich war, vielleicht auch nicht besonders hübsch, aber jedenfalls nicht hässlich. Ganz okay einfach. Gut, einen Schönheitswettbewerb würde sie nicht gewinnen, aber wer wollte das schon! Und „keiner kann sich leiden!“ war auch Quatsch. Caro kann mich leiden, Thorben, mein Freund, und Ferdi, Caros freund, ebenfalls. Und mit Amelia versteh ich mich auch super. Lina hatte Amalia während eines vierwöchigen Zauberkurs in Westerhofen kennengelernt und sich mit ihr angefreundet. Seither hatten die Mädchen oft Kontakt.
Nun ja, Julia kann mich nicht leiden. Aber ich sie auch nicht. Lina blies die backen auf. Es gibt immer jemanden, der einen nicht leiden kann. Es kann nicht jeder jeden mögen, das wäre völlig unnormal. Aber warum? Warum um himmels willen macht sich jemand die Mühe, sich hinzusetzten und mir solche gemeinen Briefe zu schreiben? Warum?
In Linas Augen schimmerten Tränen. Bestimmt haben diese Anrufe auch damit zu tun. Erst Anrufe, dann Briefe – und was kommt als Nächstes?
Lina hatte inzwischen die große Wiese am Ortsausgang von Lilienthal erreicht, auf der sie mit ihrer Großmutter in Wohnwagen lebte. Linas Eltern waren nur selten da. Sie zogen fast das ganze Jahr über von Jahrmarkt zu Jahrmarkt und verkauften ihre selbstgemachten Kräuterprodukte wie Tee, Bonbons und Seifen.
Lina stieg vom Rad und schob die letzten paar Meter über den kleinen Feldweg zu dem hellgelben Wohnwagen mit dem apfelgrünen Vorhängen an den Fenstern. Etwas weiter stand der kunterbunte Wohnwagen ihrer Großmutter Ami. Gedankenversunken sperrte Lina die Tür auf und ging mit schweren Schritten hinein.
Auf dem Tisch stand ein großer Korb mit Obst. Aber Lina hatte keinen Appetit und schob ihn lustlos zur Seite. Unentschlossen setzte sie sich auf einen Stuhl, ging aber gleich darauf zu ihrem Schreibtisch und holte aus dem Papierkorb daneben die Umschläge heraus, mit dem die Briefe gekommen waren. Weiß, unscheinbar, die Adresse mit dem Computer geschrieben, eine ganz normale Briefmarke darauf, wie man sie in jedem Postamt kaufen kann. Eigentlich kommt nur Julia als Absender in Frage. Lina ließ sich auf ihr Bett fallen und erinnerte sich an die vielen Auseinandersetzungen, die sie und Julia Schlupf schon hinter sich hatten. Einmal hatten sich die sie sich schon geprügelt! Von Anfang an hatten sich die zwei Mädchen nicht leiden können.
Das Klingeln des Telefons riss Lina aus ihren Gedanken. Das ist er wieder. Ich geh hin und er legt auf. Ich will das nicht mehr! Es soll aufhören. Sie hielt sich die Ohren zu und machte sie Augen zu. Aber es klingelte munter weiter. Schließlich ging Lina doch ans Telefon. Sagte nichts. Lauschte nur.
„Hallo, ist da jemand? Hallo, Lina, hier ist Amalia!“, ertönte es gut gelaunt vom anderen Ende der Leitung. „Hallo.“, antwortete Lina matt, aber erleichtert. Normalerweise hätte sie sich gefreut, Amelia zu hören. Aber wenn man sich so richtig mies fühlt, konnte einen nichts aufmuntern.
„Ich hab eine voll gute Idee.“, plapperte Amelia gleich fröhlich drauf los. Während ihres gemeinsamen Aufenthalts in Westerhofen hatte die zwei Mädchen nachts einige gemeinsame Ausflüge unternommen und eines Tages in der Bibliothek in einem alten Buch auch ein geheimnisvolles Rezept gefunden. Allerdings hatte der obere teil des Zettels gefehlt, sodass darauf nur die Zutaten notiert waren, nicht aber, wozu die Rezeptur gut sein könnte. Seit Monaten versuchten Lina und Amalia nun schon, das Geheimnis zu lüften. Doch bisher wussten sie nur, dass das Gebräu entsetzlich stank.
„Was denn?“, fragte Lina ohne allzu große Interesse.
„Meine Eltern und ich, wir fahren in ein paar Wochen zu meiner Tante, die ganz in der Nähe der Zauberschule in Westerhofen wohnt.“
„Schön.“
„Wir sollten uns in die Bibliothek schleichen und nach dem zweiten Teil des Zauberrezepts suchen.“, erklärte Amalia unternehmungslustig. „Bis wir selbst rausgekriegt haben, wofür das ist, werden wir noch alt und grau. Deshalb wollte ich dich fragen, ob du mitkommst?! Meine Eltern sind einverstanden, meine Tante auch, du kannst bei uns wohnen, und wir können zusammen suchen. Was meinst du?“
„Hm.“, machte Lina nur, ohne genau zugehört zu haben. Amalia nahm Linas „Hm“ als Zustimmung. „Cool! Ich sag dir dann noch genau, wann das ist. Ich freu mich, das wird super. Tschüss!“
„Tschüss!“ Kaum hatte Lina aufgelegt, klopfte es an der Wohnwagentür. „Ja?“
„Die Post.“
Lina zuckte zusammen. Seit sie diese Briefe erhielt, hatte sie Angst vor der Post.
Es klopfte heftiger. „Hallo!“
Lina schnaufte tief durch und öffnete.
„Ich hab ein Paket für Schniggenfittich.“, erklärte der Postbote und drückte es ihr auch gleich in die Hände.
„Hier bitte quittieren.“ Ein Paket! Lina unterschrieb, nahm dann all ihren Mut zusammen und fragte: „Haben Sie sonst noch was?“
Der Postbote durchsuchte seine Tasche. „Nein, alles.“
Gott sei Dank! Kein gemeiner Brief! Heute nicht! Vielleicht war´s das ja. Vielleicht ist jetzt Schluss, und es kommt nichts mehr. Lina stieß einen Seufzer der Erleichterung auch. „Dann tschüss!“
„Tschüss!“ Der Postbote schob sein Rad ein paar Meter weiter und suchte die Post für den Nächsten heraus.
Lina schloss die Tür hinter sich, nahm die Schultern zurück und straffte sich. So, Schluss mit Trübsalblasen! Dieser bescheuerte Schreibling kann mich mal! Pah! Sie angelte sich eine Banane und dem Obstkorb, schälte sie und biss hinein. Bestimmt hat Caro recht, und irgendein Schwachkopf will mich veräppeln. Aber nicht mit mir! Nicht mit Lina Schniggenfittich!
Lina hatte sich grade eine zweite Banane geschnappt, als es erneut an der Tür klopfte. Mit einer Banane in der Hand sprang sie auf und öffnete. Der Postbote ist ja schon durch!, dachte sie erleichtert.
Von wegen! Da stand er wieder, lächelte freundlich und hielt einen Brief in der Hand. „Der ist auch noch für euch, war zwischen die andere Post gerutscht.“ Er streckte ihr den Brief entgegen. „Für Lina Schniggenfittich.“
Lina erstarrte. Ein Brief. Er sah genauso aus wie die letzten. Mit einer Hand nahm sie den Brief, mit der anderen zerdrückte sie die Banane zu Brei.
„Schönen Tag noch.“, grüßte der Postbote, bevor er schließlich fröhlich pfeifend davonradelte.

(... ist noch nicht zu ende das 4. Kapitel)

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